Der Kandidat des Südens für die UNESCO

17 Februar 2013 12:24pm
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Der Kandidat des Südens für die UNESCO

Herr Rachad Farah, Botschafter Djiboutis in Paris, ist Kandidat für die Generaldirektion der Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) und ist der Ansicht, dass diese Einrichtung eine wesentliche Rolle beim Finden von Lösungen für die Konflikte und Probleme spielen wird, die weiterhin das Wachstum und die Entwicklung der Länder des Südens beeinträchtigen. Über diese Perspektive, auf der er sein Mandat begründen würde, sprach er mit der Gruppe Excelencias.

Sie kandidieren für die Generaldirektion der UNESCO. Handelt es sich um eine Kandidatur Djiboutis oder Afrikas?

-Wir präsentieren diese Kandidatur als eine Kandidatur des Südens. Sie ist afrikanisch, arabisch, aber auch die des Konzerts der Länder des Südens. Die UNESCO hat 198 Mitgliedsländer, unter ihnen die Gruppe der 77, und große Nationen wie China. Es ist eine einzigartige Organisation, die auf wesentliche Weise zur Schaffung von Frieden in der Welt beigetragen hat. Diese noblen Ziele haben nach dem Zweiten Weltkrieg mit Unterstützung von emblematischen Persönlichkeiten wie Eisenhower und De Gaulles eine Strömung der Toleranz und Versöhnung geschaffen. Außer zum Frieden hat die UNESCO mithilfe der Zivilgesellschaft, der Welt der Wissenschaft und der Universitäten zum Aufbau der Europäischen Union beigetragen. Die mit diesen Stützen gestärkte Organisation hat die Integration dank der Entwicklung der Wissenschaft und Kultur gefördert, um die Schule von Jules Ferry durchzusetzen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg war das große geschichtliche Ereignis der Fall der Berliner Mauer. Die UNESCO wendete die Begriffe des Wachstums und der Entwicklung als Motoren für den Frieden in Europa an.  Die Integration des Alten Kontinents hatte die Kultur des Friedens und der Entwicklung zur Grundlage. Dies sind Ziele, die Europa erreicht hat, die aber für den Süden noch Herausforderungen darstellen.

Auf der südlichen Halbkugel der Erde haben wir noch Probleme, die mit fehlender Toleranz, vertriebenen Bevölkerungen, Flüchtlingen zu tun haben. Wenn die ACNUR und die UNICEF auch die Rolle spielen, die ihnen zukommt, indem sie den Schutz bieten, den die 700.000 Flüchtlinge brauchen, die in einem Lager in Kenia zusammengepfercht sind, aber was ist mit der Bildung? Das Eingreifen der UNESCO ist unabdinglich in diesen Brennpunkten der Welt, um den Frieden und die Toleranz mittels Bildung und Kultur zu fördern.

Aus diesem Grunde ist es sehr angebracht, dass der Süden einmal mehr die Leitung der UNESCO übernimmt. Die Konflikte in den Lagern der Vertriebenen bringen das Wachstum der Länder des Südens in Gefahr. Genau wie in Europa, dass es geschafft hat, sich wieder aufzubauen dank der Konsolidierung des Friedens, können wir versichern, dass das nachhaltige Wachstum eng mit der wissenschaftlichen Entwicklung einher gehen muss. Wie Nehru sagte, muss die la UNESCO das universelle Bewusstsein sein. Wir müssen so vorgehen, dass die UNESCO die Zügel übernimmt und der Bevölkerung des Länder des Südens dient, um den Dialog mithilfe der Kultur und des Friedens zu erleichtern.

Warum wäre es Aufgabe der UNESCO und nicht der UNO, diese Förderung des Friedens in den Ländern des Südens vorzunehmen?

-Wie Sie wissen, hat die UNESCO eine demokratische Struktur, die eine sehr gute Chance für die Erhaltung des Friedens darstellt. Vielleicht ist es ein Mechanismus, der nicht flexibel genug ist und zu alt ist. Im Jahr 2015 feiert die UNESCO ihren siebzigsten Jahrestag, daraus erwächst die Notwendigkeit, diesen Mechanismus zu überprüfen und die Jugend zu interessieren. Wenn sie mit der Jugend rechnen kann, wird die Organisation den Anforderungen des 21. Jahrhunderts gerecht werden.

Würden Sie sich für den Nachfolger des Werkes des Senegalesen Amadou Mahtar
Mbow halten, des ehemaligen Generaldirektors der UNESCO?


-Ja, selbstverständlich! Herr Mbow musste sich mit einigen Meinungsverschiedenheiten auseinandersetzen, die mit dem Kalten Krieg zu tun hatten. Er ist eine großartige Persönlichkeit. Sein Mandat in der UNESCO lag in einer wichtigen Etappe der Geschichte der Organisation.  Ich ergreife die Weiterführung seines Werkes im Hinblick auf die Universalität der UNESCO, da unsere Epoche sich vielmehr den Herausforderungen der Globalisierung und einer gewissen Einpoligkeit stellen muss. Der Süden braucht in diesem Kontext die UNESCO wie Europa sie nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges gebraucht hat, und wenn ich Süden sage, dann meine ich den gesamten Süden, vor der Afrikanischen Union bis zur CELAC.

Welche Möglichkeiten glauben Sie zu haben, das Amt zu übernehmen, in Bezug auf die ausscheidende Generaldirektorin, eine bulgarische Staatsbürgerin, die für ihre Wiederwahl kandidiert?

-Bulgarien ist ein europäisches Land des Balkans, das nicht die gleichen Charakteristiken hat wie unsere Länder des Südens. Ich glaube, dass die stillschweigende Amtsweiterführung in solchen wichtigen Organisationen wie der UNESCO eine Ausnahme sein sollte. Es wäre notwendig, dass das Gleiche, was wir von den Regierungen verlangen, auch die internationalen Organisationen anwenden. Die stillschweigende Amtsweiterführung gehört in das 20. Jahrhundert, zu den politischen Abkommen und Absprachen, die auf den Kalten Krieg zurück zu führen sind. Das dürfte nicht etwas Automatisches sein in einer Welt, wo die Debatten den Ausschlag geben.

Die UNESCO war die erste Organisation, die Palästina als Beobachter akzeptiert hat. Welche Behandlung werden Sie dieser so heiklen Frage angedeihen lassen, sobald Sie gewählt sind?

-Die palästinensische Frage ist 60 Jahre alt.  Palästina wurde in der UNESCO als Beobachterstaat akzeptiert. Wir sind auf dem richtigen Weg. Wir müssen so vorgehen, dass Palästina als Mitglied mit vollen Rechten anerkannt wird. Ich denke, dass dies nicht anders sein kann.

Sie sind Bürger einer ostafrikanischen Region, die sehr instabil ist. Wie könnten wir für die Teilnahme der UNESCO in der Lösung der brennenden Fragen in diesem Teil der Welt sorgen?

-Wir müssen eine stärkere Dynamik in der Kultur des Friedens, der Toleranz und der Koexistenz schaffen. Die UNESCO ist wegen ihrer Berufung aufgerufen, den Frieden mithilfe der Bildung, der Kultur und der Wissenschaft herzustellen. In Afrika, Asien und Lateinamerika ist noch viel zu tun in dieser Hinsicht. Das Beispiel Europas ist sehr interessant.

Vor einigen Jahren waren wir Zeugen eines Genozids im Balkan. Die europäischen Länder erreichten die Überwindung dieser Tragödie dank der Kultur des Friedens. Wir, die Länder des Südens, müssen uns die UNESCO zu eigen machen, um die Kultur des Friedens zu verbreiten.

Wir haben einige Beispiele von glücklichen Ausgängen in Afrika gesehen, wie es in Somalia der Fall war, wo dank der Anstrengungen des Präsidenten von Djibouti,Ismaël Guelleh, und anderer Persönlichkeiten der Region, der Frieden wiederhergestellt werden konnte nach einem Referendum, dessen Ergebnisse alle beteiligten Seiten akzeptierten.  

Solange die Menschen die gemeinsame Verantwortung anerkennen können, wird es Hoffnung geben. Der Begriff Kultur in Sachen Frieden ist eine Kultur der Verantwortung, der Rechte und Pflichten. Dank ihrer Weisheit wird die UNESCO immer alle Initiativen begleiten können, die in den Ländern des Südens hinsichtlich der Schaffung des Friedens und der Stabilität unternommen werden.

Wir werden nie genug auf die Geschichte hinweisen können, die Europa nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges durchlaufen hat. Dies ist ein Beispiel für eine Region, die unter dem Nazismus und den Katastrophen des Holocausts litt, und die im Zeitraum einer Generation die Versöhnung erreichte und danach eine Bewegung politischer, ökonomischer Art und der Entwicklung schuf. Wir müssen das Gleiche tun.

Die UNESCO hat in Europa die Rolle gespielt, die ihr zukam. Was ihr nun zu tun bleibt, ist, eine neue Seite mit den Ländern des Südens zu eröffnen.  Es hat vier europäische Generaldirektoren gegeben. Nun ist der Moment für die Länder des Südens (mit der ehrenvollen Ausnahme von Amadou Mahtar Mbow)gekommen, sich die UNESCO zu eigen zu machen. Ich bin ein gemäßigter Moslem, Afrikaner und Araber. Ich bin überzeugt davon, dass wir die Zeiten des Zusammenstoßes der Zivilisationen hinter uns lassen können.
 

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