Alles erleben

Das intensive Erleben eines Reiseziels ist für viele Reisende auf der ganzen Welt zu einer Obsession geworden. Sie möchten über einen längeren Zeitraum mit den Menschen vor Ort interagieren, von ihrem täglichen Leben lernen, Bindungen aufbauen und an ihre Routinen teilnehmen.

Um dieses Bedürfnis nach einer Verlängerung des Aufenthalts und infolgedessen die Ausgaben zu erfüllen, wird in einigen Teilen der Welt das Coliving, ein Konzept, das im Bereich Tourismus und Reisen als relativ neu eingestuft werden kann, bereits stark verbreitet.

Die von der spanischen Business School TuriSCools einberufenen Experten sind sich einig, dass es sich um einen wachsenden Trend handelt, der in den kommenden Jahren von den Hotelunternehmen besser genutzt werden wird, da er eine Möglichkeit darstellt, ihre Räumlichkeiten rentabler zu gestalten.

In der Praxis bedeutet Coliving, dass drei oder mehr Personen, die keine Familienmitglieder sind, dieselbe Unterkunft teilen. 

Airbnb ist eine der Plattformen, die sich diesen Trend zunutze gemacht haben, indem sie die Suche nach Unterkünften für Gruppen mit gemeinsamen Interessen (Tourismus, Studenten, Arbeit usw.) erleichtert haben.

Bei den Angeboten handelt es sich in der Regel um zeitlich begrenzte, gut ausgestattete Unterkünfte mit Gemeinschaftsräumen wie Küche, Wohnzimmer, Arbeits- und Erholungsräume sowie zusätzlichen Dienstleistungen wie Fitnessstudio, Waschküche oder Esszimmer. Die Schlafzimmer sind privat und verfügen in der Regel über ein Bad.

Einige Länder, die bei der Organisation dieser Art von Immobiliendienstleistungen "Lehrstunden" erteilen, sind die USA (mit Silicon Valley an der Spitze), England, die Niederlande und Dänemark.  

Um die Eigenheiten eines Ortes kennen zu lernen, braucht man Zeit und Erkundung. Das wissen auch die Reisenden, die auf Coliving setzen und sich daher von den traditionellen touristischen Praktiken verabschieden, die darin bestehen, ein paar Tage lang die in allen Reiseführern aufgeführten ikonischen Orte zu besuchen.  

Jetzt möchten sie alles erleben, ohne viel Geld auszugeben... oder zumindest das Beste aus dem Gesamtbudget herausholen. In diesem Sinne bietet der Immobilienmarkt mit dem Coliving eine Lösung. Sie können eine langfristige Mietwohnung mit Annehmlichkeiten und Dienstleistungen selbst in Städten mit wenigen und teuren Unterkunftsmöglichkeiten teilen.

In der Vergangenheit hätte man wahrscheinlich ein Hotelzimmer gebucht, eine Ferienwohnung gemietet oder bei einem Einheimischen Couchsurfing betrieben - alles relativ teure Alternativen für längere Aufenthalte. 

Die Auswirkungen auf die Nachhaltigkeit der Gemeinschaften sind ein weiterer Vorteil dieses Systems des Zusammenlebens, da viele dieser Unterkünfte weit von den typischen Touristenorten entfernt liegen und ihre Mieter wichtige Akteure der lokalen Wirtschaft sind.

Schätzungen zufolge lassen sich bei diesem Modell bis zu 50 % der Kosten einsparen, wenn man bedenkt, dass man sich die Kosten für Miete und andere Gemeinkosten teilen kann.  

Der ursprung des langzeittourismus

Eine der Grundlagen des Coliving ist, dass es im Allgemeinen für den Langzeittourismus genutzt wird, der darauf abzielt, das Leben an einem bestimmten Ort zu erleben.

Natürlich sind die Reisenden, die diese Art von Gemeinschaftsunterkünften im 21. Jahrhundert nutzen (vor allem die Millennials), nicht dieselben, die den Trend zum Langzeittourismus in den 1970er Jahren ausgelöst haben (die Gruppe der Silver Tourism, zu der Reisende über 55 Jahre gehören).

Die Zeitschrift Nuve erklärt, dass Japan zu den Vorreitern dieser Modalität gehört, die dort als «rongusutei» bekannt ist, da Rentner in anderen asiatischen Ländern und in einigen europäischen Ländern wie Spanien und Italien mit ihrem Einkommen lange Zeit bequem leben können. In Nord- und Südamerika wählen sie nach Angaben der LONG STAY Foundation, einer dem japanischen Ministerium für Wirtschaft, Industrie und Außenhandel (METI) angeschlossenen Organisation, eher Ziele wie Mexiko, Costa Rica, Guatemala und Brasilien.  

In Ländern wie Finnland, Schweden, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Österreich und den Niederlanden begannen die Rentner in den 70er Jahren an das Mittelmeer zu ziehen, was sich dann auf Länder wie Spanien, Portugal, Griechenland und Italien ausweitete, die seit Ende der 90er Jahre von ausländischen Rentnern besucht werden.

Diese ersten Langzeitreisenden suchten einen internationalen Ruhestand in komfortablen Gegenden, mit einem altersfreundlichen Klima und Angeboten im Zusammenhang mit Gesundheitstourismus, medizinischen oder ästhetischen Dienstleistungen.

Besonderes Augenmerk sollte auf die soziale Sicherheit, internationale Abkommen zwischen den verschiedenen Ländern für eine perfekte medizinische Behandlung und Pflege für ältere Menschen gelegt werden.

Techniken zur Erhöhung der durchschnittlichen Aufenthaltsdauer

FreshCommerce, eine Pionieragentur in Spanien, die sich auf Online-Verkauf und E-Commerce spezialisiert hat, weist darauf hin, dass zunächst zwei Arten von Touristen zu berücksichtigen sind, die lange Aufenthalte bevorzugen: digitale Nomaden und Silver-Tourismus. 

1) Einer der ersten Ratschläge, die sie geben, ist, dass die betreffende Unterkunft für Telearbeit geeignet sein sollte (mit bequemen Möbeln, WLAN und Helligkeit). Hosteltur weist darauf hin, dass die durchschnittliche Aufenthaltsdauer von Telearbeitern bei 50 Nächten liegt.

2) Die Ausrichtung auf die "Silver Plus"-Touristen, d. h. die über 55-Jährigen, ist ebenfalls eine gute Idee, aber für sie müssen qualitativ hochwertige Aktivitäten mit besonderen Angeboten entwickelt werden, die den nachhaltigen und naturnahen Tourismus (einschließlich Ökotourismus, Wildtourismus, Agrotourismus und Abenteuertourismus) sowie den Wellness- und Gesundheitstourismus fördern.  

3) Die Förderung von Angeboten und Rabatten ab einer bestimmten Anzahl von Übernachtungen ist eine der wirksamsten Techniken zur Verlängerung von Aufenthalten, ebenso wie exklusive Angeboten für lange Aufenthalte in der Unterkunft.

4) Ein Anreiz könnte auch darin bestehen, bestimmte Dienstleistungen wie Premium-Zimmer oder andere Hoteldienstleistungen nur für Langzeitgäste anzubieten.

 5) Das Vorhandensein attraktiver Pauschalangebote, die thematisch gegliedert sein können, wie z. B. Familien-, Gastronomie- oder Multi-Abenteuerangebote, die alle Aktivitäten beinhalten, wird zweifellos die Aufmerksamkeit der Reisenden auf sich ziehen.